Bislang haben wir ja viel über die GenY geredet – schließlich ist sie der zweite Teil, auf den sich dieser Podcast bezieht: Retaining von Young Professionals. Nur: Wer ist die GenY eigentlich? Wie tickt sie? Und entspricht sie wirklich dem Bild, das von ihr vermittelt wird? Ich will mich diesen Fragen heute annähern.
Die Eigenschaften der Generation Y
Die Frage: Wer ist die GenY? kann recht knapp beantwortet werden: die zwischen 1980 und 2000 Geborenen. Das sagt nun schon einiges aus, wie sie tickt bzw. was sie motiviert.
Die GenY – zu der übrigens auch ich selbst zähle –, also wir hatten das große Glück, in ziemlichem Wohlstand, Frieden, Freiheit und Sicherheit aufzuwachsen, bei Eltern, die uns liebten und umsorgten. Sie gaben uns das Gefühl:
Du kannst alles erreichen.
Das ist die Grundeinstellung der GenY: Die Welt steht Dir offen. Wenn Du x erreichen willst, dann kannst Du das auch. Du musst Dich halt reinknien und auch mal Dreck fressen, aber es gibt nichts, was Dir nicht möglich wäre. Das verstanden zu haben, ist wichtig, denn ohne diese Lebenseinstellung zu kennen, erscheinen die Vorstellungen der GenY oft naiv oder gar unverschämt.
Zweites Merkmal: das Why, das Y im englischsprachigen Namen. Es weist auf den Sinn-Fokus hin, der in dieser Generation ganz oben steht. Erfolg? Ja, gern, aber bitte ganzheitlich. Rein Materielles, wie viel Geld, ein Haus, dicke Autos etc., ist schön und gut, aber wenn sich nicht erschließt, warum ich diese Arbeit überhaupt mache, dann trete ich als Repräsentant der GenY sie entweder erst gar nicht an oder kündige sie möglichst bald. Denn sie befriedigt nicht, sie erfüllt mich nicht mit dem Gefühl, selbst etwas Sinnvolles zu meinem Leben, meinen Mitmenschen oder zur Welt beizutragen. Deshalb stehen auch Beziehungen, wie die zur Familie, so sehr im Fokus. Das drückt sich bspw. in den beiden Schlagwörtern von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Work-Life-Balance aus.
Historisch betrachtet, ist auch ersichtlich, wovon die zwischen 1980 und 2000 Geborenen am nachhaltigsten geprägt wurden. Ich möchte nur zwei Dinge nennen, die das Lebensgefühl der GenY stark beeinflusst: Klimawandel (Stichwort: Nachhaltigkeit) und das Internet. Allerdings: Anders als die nach 2000 geborene Generation Z sind wir nicht im, sondern mit dem Internet aufgewachsen. Wir und das Internet, wir beide Teenager geworden, haben unsere Kinderkrankheiten (zum Teil zumindest) überwunden und versuchen jetzt gerade, irgendwie erwachsen zu sein. Aber die GenY kennt eben noch die analoge Zeit.
Stimmen die Eindrücke und Bilder, die die Öffentlichkeit von der GenY hat?
Sie sind gierig, ungeduldig, wenig respektvoll gegenüber den höheren Hierarchien, naiv und weltfremd usw. Das sind m. E. Stereotype über die GenY und nicht die Eigenschaften, die sie wirklich hat, wie es in den Medien oft behauptet wird. Ich will nicht sagen, dass daran nichts Wahres ist. Klischees haben oft einen wahren Kern, aber sie gelten nicht so absolut wie das dargestellt wird.
Nur weiß ich nicht, ob der Wunsch, die Welt zu verändern und zu gestalten, wirklich als naiv zu bezeichnen ist. Ja, wir haben eine optimistische Grundhaltung, aber das hat nix mit Naivität, sondern mit dem Glauben zu tun, etwas bewegen zu können. Außerdem sind wir arbeitsamer und fleißiger, als es gemeinhin heißt.
Ein weiteres Problem an der Pauschalbetrachtung: dass grundsätzlich von der Generation Y gesprochen wird. Auch ich habe das bislang der Einfachheit halber getan. Aber ich möchte das jetzt genauer fassen, denn dank meiner eigenen Berufserfahrung als Trainer für junge Mitarbeiter habe ich ein anderes Bild gewonnen: Die GenY gibt’s nicht, es gibt nur unterschiedliche GenY-Gruppen. Die will ich jetzt vorstellen, denn wenn Du Deine Young Professionals in Deinem Unternehmen halten willst, solltest Du sie nicht über einen Kamm scheren.
Die konservativ-bürgerliche Gruppe: Sie ist eine der größten Gruppen und vornehmlich an traditionellen Werten, wie Familie, Tradition, Heimat und Selbstdisziplin orientiert. Du findest sie oftmals auf dem Land, wo sie in trauter Umgebung aufgewachsen sind, aber auch gelernt haben, hart anzupacken. Sie weisen eher eine geringe Lifestyle-Affinität auf. Ihre Ziele könnte man so definieren: Familie gründen, Haus bauen, bodenständig leben. Sie sind ein wichtiger Bestandteil für Dein Unternehmen, denn sie sind disziplinierte Arbeitsbienen, die den Job machen, der getan werden muss, ohne Zickereien oder Allüren. Biete ihnen die Sicherheit, nach der sie sich sehnen, und das Rad wird von ihnen am Laufen gehalten.
Materialistisch-hedonistische Gruppe: Sie ist das genaue Gegenteil zur konservativ-bürgerlichen Gruppe. Konsum, Marken und Spaß stehen bei ihnen im Vordergrund. Sie wollen das Leben 24/7 spüren und auskosten, Party machen und wenig an die Zukunft denken. Als Menschen, die ihre Leben ausleben, haben sie oft ein Problem mit Autoritäten. Also Vorsicht: Solche Genießer sind nicht gerade Zugpferde Deines Unternehmenserfolgs.
Die experimentalistischen Hedonisten: Sie wollen zwar wie die obigen Hedonisten auch Spaß, sind gegen Routinen und Regeln und brauchen ihre Freiräume wie die Luft zu atmen. Auch sie sind wenig zur Anpassung fähig. Aber sie streben eher nach Selbstentfaltung und nach Disruption. Sie verkörpern die Berliner Start-up-Welt im Kern, wie ich finde. Vorsicht: So viel kreatives Potential kann Dich mit einem Schlag meilenweit nach vorn katapultieren, aber es bringt auch viel Unruhe ins Unternehmen.
Die prekäre Gruppe: Um sie ist es nicht rosig bestellt und sie muss ich leider von meinem Urteil weiter oben ausnehmen. Denn sie sind keineswegs in Wohlstand und Wattebausch-Kindheit aufgewachsen. Armut und Problemviertel kennzeichnen ihre Herkunft und die Zukunft sieht nicht allzu schick aus: geringe Aufstiegsperspektiven. Die Prekären wissen darum und schämen sich deshalb oft ihrer sozialen Stellung. Sie schätzen außerdem ihre Chancen nicht allzu hoch ein. Ein dickes Stück Aufmunterung und Glaube an sie würde ihnen guttun.
Die sozial-ökologische Gruppe: Erneut eine Gruppe, die wohlständig aufgewachsen ist und meist über höhere Bildungsgrade verfügt – auch in der Familie. Sie sind auf Gemeinwohl und Nachhaltigkeit fokussiert, weshalb sie dem Fortschritt skeptisch gegenüberstehen und eine materialistische Kultur, wie sie die Hedonisten vertreten, strikt ablehnt. Aber: Sie wissen um ihre Gestaltungsmöglichkeiten, sind selbstbewusst, zielstrebig und haben ein großes Sendungsbewusstsein. Sie sind Visionäre und Anpacker zugleich – wertvoll für Dein Unternehmen!
Die adaptiv-pragmatische Gruppe: Modern, leistungsorientiert, verantwortungsbewusst – so könnte man sie am treffendsten beschreiben. Sie möchten nicht wirklich aus dem Rahmen fallen, erledigen ihre Aufgaben brav und zufriedenstellend, fügen sich ins Kollektiv und streben nach einer Normalbiographie. Du findest sie deshalb oft in Konzernen. Keine Revolutionäre, im Gegenteil: eher etwas Lauwarme. Willst Du ein auf Dauer-Innovation programmiertes Unternehmen führen, sind sie die Falschen. Aber sie sind die zuverlässigen Arbeiter, die Deinen Laden am Laufen halten. Während sich Deine Genies in ihren Visionen austoben, fokussieren sich die Adaptiv-Pragmatischen darauf, die Dinge handfest und umsetzbar zu verwirklichen. Ohne Schnörkel, dafür ehrlich und solide.
Die expeditive Gruppe: Sie sind diejenigen, die Visionen haben und hochtrabend umsetzen wollen. Die Young Professionals par excellence. Sie wollen ihren Horizont erweitern, Karriere machen, flexibel sein, trendbewusst leben und sich selbst verwirklichen. Sie weisen eine hohe Bildung auf, streben zwar nach draußen, sind aber durchaus anpassungsfähig. Sie bringen Leistung und neue Ideen in Dein Unternehmen, denn ihr Engagement ist auf Veränderung ausgerichtet. Meiner Erfahrung nach gehen sie von allen Gruppen den gesunden Mittelweg, da sie eine Balance zwischen Karriere, Familie und Freizeit erstreben.
Damit dürftest Du nun einen detaillierten Überblick haben, wer die GenY wirklich ist. Ich empfehle Dir, anhand dieser Gruppierungen zu checken:
Welches ist mein Ziel? Dementsprechend suchst Du Dir die passenden Typen.
Welche Leute habe ich gegenwärtig? Damit weißt Du, in welche Richtung es gehen kann bzw. wen Du noch brauchst.
Um nochmal Dir einen besseren Überblick zu geben, habe ich auf blog.danielwalzer.de eine Grafik bzw. Tabelle über die unterschiedlichen Typen angefertigt. Lade sie Dir einfach kostenlos runter. Viel Spaß damit!
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